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Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland – Ende des Wachstums oder mitten in der Krise?

Der Kinder- und Jugendhilfereport 2024 beschreibt die aktuelle und künftige Lage der Kinder- und Jugendhilfe.

Die Kinder- und Jugendhilfe ist eines der zentralen sozialen Unterstützungssysteme für junge Menschen und deren Familien in Deutschland. In Arbeitsfeldern wie der Kindertagesbetreuung, den Hilfen zur Erziehung, der Kinder- und Jugendarbeit, dem Jugendamt sowie der Jugendsozialarbeit arbeiten über 1,1 Millionen Beschäftigte. Die öffentlichen Ausgaben liegen inzwischen bei fast 62 Milliarden Euro pro Jahr, Tendenz steigend. Eine der großen Herausforderungen für zukünftige Entwicklungen: ein Mangel an Fachkräften. Wesentliche Grundlagen für eine zielführende Auseinandersetzung mit den absehbaren Herausforderungen liefert der neue Kinder- und Jugendhilfereport 2024 der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik.

Der Report gibt kennzahlenbasiert Auskunft über die unübersichtliche Landschaft der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland insgesamt sowie ihre Arbeitsfelder. Die Studie mit dem Titel „Kinder- und Jugendhilfereport 2024. Eine kennzahlenbasierte Analyse mit einem Schwerpunkt zum Fachkräftemangel" kann kostenlos als Open-Access-Version heruntergeladen werden. Als Printausgabe ist der „Kinder- und Jugendhilfereport 2024“ ab dem 08.04.2024 auf der Website des Verlags Barbara Budrich erhältlich.

Die Autor:innengruppe Kinder- und Jugendhilfestatistik stellt ausgewählte Ergebnisse am Freitag, 22. März 2024, von 9.30 bis 14.30 Uhr im Rahmen einer Online-Konferenz vor.  Zur Anmeldung

 

Die Kinder- und Jugendhilfe hat stark an Bedeutung gewonnen – von der Kindertagesbetreuung bis zum institutionellen Kinderschutz

Daten des Kinder- und Jugendhilfereports 2024 zeigen, dass die Kinder- und Jugendhilfe in den vergangenen Jahrzehnten wie kein anderer Bereich des Bildungs- und Sozialwesens an gesellschaftlicher Bedeutung und Akzeptanz gewonnen hat. Neben einer nach wie vor expandierenden Kindertagesbetreuung haben auch die Hilfen zur Erziehung kontinuierlich zugenommen. Zwischenzeitlich sind zudem die Fallzahlen für die Hilfen für junge Volljährige durch einen zunehmenden Bedarf für unbegleitete ausländische Minderjährige gestiegen. Auch der institutionelle Kinderschutz wurde in den letzten beiden Jahrzehnten ausgeweitet, wie steigende Fallzahlen bei Gefährdungseinschätzungen und Inobhutnahmen zeigen. Und nicht zuletzt wurden die personellen Ressourcen der Allgemeinen Sozialen Dienste in den Jugendämtern merklich erhöht, wenngleich nach wie vor Personal fehlt. Insgesamt hat die Kinder- und Jugendhilfe hierzulande, gemessen an der Zahl der Beschäftigten, längst die Größenordnung des gesamten Schulwesens erreicht. Aber auch die Nutzungszahlen haben deutlich zugenommen: bei Kindern in der gesamten Kindertagesbetreuung zwischen 2007 und 2022 um rund eine Million auf zuletzt über vier Millionen Kinder, bei den Einzelfallhilfen für junge Menschen und ihre Familien, für junge Volljährige oder den Eingliederungshilfen nach § 35a des Achten Sozialgesetzbuches (SGB VIII) von etwas unter einer Million im Jahr 2008 auf 1,27 Millionen im Jahr 2021 und damit um mehr als 300.000 junge Menschen.

Der Fachkräftebedarf wird immer virulenter

Das Wachstum der Kinder- und Jugendhilfe zeigt sich nicht nur bei der Inanspruchnahme sondern auch beim Personal. Die Zahl der Beschäftigten liegt inzwischen bei über 1,1 Millionen. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit gehört sowohl die Berufsgruppe der Erzieherinnen und Erzieher als auch die der Sozialpädagoginnen und -pädagogen zu den Engpassberufen. Dies sind Berufe mit einem besonders ungünstigen Verhältnis zwischen arbeitslos gemeldeten Personen und sozialversicherungspflichtig gemeldeten offenen Stellen. So kamen beispielsweise im Jahr 2022 auf bundesweit rund 8.000 arbeitslos gemeldete Erzieherinnen und Erzieher ungefähr 13.000 ebenfalls bei der Bundeagentur für Arbeit gemeldete offene Stellen.

Verschärft wird die Arbeitsmarktsituation zusätzlich durch allgemeine demografische Entwicklungen. Während aus Altersgründen drei Personen aus dem gesamten Arbeitsmarkt ausscheiden, sind vonseiten des Nachwuchses lediglich zwei neue Arbeitskräfte zu erwarten. „Das dürfte auch in der Kinder- und Jugendhilfe nicht anders sein“, erklärt Prof. Dr. Thomas Rauschenbach, ehemaliger Direktor des DJI und Leiter des Forschungsverbunds DJI/TU Dortmund. Vorausberechnungen gehen davon aus, dass das einschlägige Ausbildungssystem in Westdeutschland die zukünftig benötigte Zahl der Fachkräfte nicht ohne weiteres gewährleisten kann. „Ein Teil der Lösung liegt nach unseren Befunden in der verstärkten Bindung des Personals im Beruf sowie in der Reduzierung des Schwunds während der Ausbildung, in der zu viele verloren gehen. Es deuten sich zu viele mehr oder weniger große Verluste an der Schwelle zwischen Ausbildung und Beruf an", betont Rauschenbach weiter.

Kinder- und Jugendhilfe auf dem Weg zu einer inklusiven Lösung

Auch im Bereich der Inklusion nimmt die Kinder- und Jugendhilfe eine immer wichtigere Rolle ein. Eingliederungshilfen gemäß § 35a SGB VIII oder nach dem SGB IX wurden in den letzten Jahren vermehrt in Anspruch genommen. Zudem wird die Kinder- und Jugendhilfe ab voraussichtlich 2028 unter dem Dach des Achten Sozialgesetzbuches für alle Kinder und Jugendlichen unter dem Stichwort der „inklusiven Kinder- und Jugendhilfe“ zuständig sein. Mit Blick auf diese Gesamtzuständigkeit sind die statistischen Befunde der amtlichen Daten wichtige Begleiter auf dem Weg einer gelingenden inklusiven Lösung. „Erstmalig werden mit dem Kinder- und Jugendhilfereport 2024 wichtige Kennzahlen der Eingliederungshilfen in kompakter Form zusammengestellt und gleichzeitig der Weiterentwicklungsbedarf in den Statistiken aufgezeigt", resümiert Thomas Rauschenbach.

 

Kontakt
Prof. Dr. Thomas Rauschenbach
Wissenschaftlicher Leiter des Forschungsverbunds DJI/TU Dortmund
thomas.rauschenbach@tu-dortmund.de

Sebastian Volberg
Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik im Forschungsverbund DJI/TU Dortmund
Tel.: 0231/755-5498
sebastian.volberg@tu-dortmund.de

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