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KomDat Ausgabe: 2006/Sonderausgabe

Kevin. Bremen. Und die Folgen. 

Daten zu Kindesvernachlässigungen und staatlichen Hilfen

Der Fall des 2-jährigen Kevin hat die Republik aufgeschreckt. Und in der Tat ist es eine ebenso erschütternde wie irritierende Abfolge von Ereignissen, die sich da in den letzten Monaten, im letzten Jahr, vielleicht seit der Geburt des Jungen in Bremenabgespielt hat. Beunruhigend ist dies vor allem auch deshalb, weil Kevin und sein Vater dem Jugendamt und anderen Stellen nicht nur bekannt waren, sondern zeitweilig auch staatliche Unterstützungen unterschiedlicher Art erhalten haben. Das Jugendamt hatte zudem auch die Vormundschaft für den Jungen übernommen. Kevin wuchs somit nach Aktenlage in privater und öffentlicher Verantwortung auf. 

Muss man im Licht derartiger Fälle die gesamte Entwicklung und die sich verändernde Ausrichtung der Kinder- und Jugendhilfe hin zu mehr Prävention und Familienunterstützung grundsätzlich in Zweifel ziehen? Sicherlich nicht. Aber es ist vielfach eine Gratwanderung.

Mit dieser Sonderausgabe von KomDat Jugendhilfe wollen wir einen Beitrag zur Versachlichung der in Gang gekommenen Diskussion leisten. Auf der Basis von amtlichen Daten wird ein Blick in die Todesursachenstatistik geworfen und Zahlen zur Entwicklung von Kindstötungen zusammengestellt. Zudem werden ausgewählte Befunde der Kinder- und Jugendhilfestatistik zu Kindern dargestellt, deren Wohlergehen mindestens gefährdet ist. Dabei muss deutlich in Erinnerung gerufen werden, dass die Datenlage zur Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern bislang mehr als unbefriedigend ist.

Wird Kindern und Eltern genug geholfen?

Vergewisserungen, Fragestellungen, Perspektiven    

Wenn - wie in diesen Tagen - Fälle von massiven Vernachlässigungen und Misshandlungen von Klein- und Kleinstkindern mit Todesfolge bekannt und medial breit erörtert werden, so schwingt im Hintergrund sofort die Frage nach der Rolle der zuständigen Behörden mit. Kannte etwa das Jugendamt das Kind und dessen familiäre Situation? Hat die Familie Hilfen, möglicherweise sogar eine Leistung der Kinder- und Jugendhilfe erhalten? So auch in diesem Monat im Fall Kevin aus Bremen oder im Fall Mehmet aus Zwickau. Sowohl in Bremen als auch in Zwickau waren die Familien dem Jugendamt bekannt. Das kann also nicht allein das Problem sein. Natürlich berichtet in der Regel niemand über die Fälle, in denen von Seiten des Jugendamtes schwerwiegende Misshandlungen gerade noch einmal verhindert oder auch Vernachlässigungen frühzeitig erkannt wurden. Dennoch stellt sich angesichts der aktuellen Vorfälle auch die Frage: Wie gut ist nicht zuletzt die Kinder- und Jugendhilfe aufgestellt, wenn es um das Erkennen sowie das Verhindern von Vernachlässigungen und Misshandlungen von Kindern in Familien geht? Wird zu wenig, den Falschen und/oder zu spät geholfen? Oder liegt es gar nicht an den Hilfen, sondern eher an einer Vernachlässigung des staatlichen Wächteramtes? Fehlt es vielleicht schlicht am fehlenden Einsatz von Eingriffs- und Kontrollinstrumenten, wie es in diesen Tagen in Bremen zu beobachten ist?

Inhalt:

Rauschenbach, Thomas / Pothmann, Jens:
Wird Kindern und Eltern genug geholfen?
Pothmann, Jens:
Wie viele Kinder müssen vor ihren Eltern geschützt werden?
Fuchs-Rechlin, Kirsten:
Kindstötungen – Was sagt die Statistik?
Pothmann, Jens / Schilling, Matthias:
Auch darüber muss gesprochen werden – mehr Hilfen kosten mehr Geld
Fendrich, Sandra / Pothmann, Jens:
Familien unterstützen oder Kinder herausnehmen?
Pothmann, Jens:
Inobhutnahme – ein Schutz für Kinder in Not
Schilling, Matthias:
Familiengerichte zwischen Kinderschutz und Elternrecht – die Entwicklung der Sorgerechtsbezüge
Fendrich, Sandra:
Adoption – eine aus dem Blick geratene Alternative?