Die Gründung des Forschungsverbundes geht auf die Initiative seines wissenschaftlichen Leiters, Prof. Dr. Thomas Rauschenbach, zurück. Prof. Dr. Rauschenbach war seit 1989 Lehrstuhlinhaber für Sozialpädagogik an der damaligen Fakultät für Erziehungswissenschaft und Soziologie der Universität Dortmund, an der er bis Mitte des Jahres 2002 lehrte und forschte. Im Sommer 2002 wurde er an der Universität beurlaubt, um die Stelle des Direktors und Vorstandsvorsitzenden des Deutschen Jugendinstituts anzutreten. Diese Tätigkeit hat er bis Ende September 2021 ausgeübt. In der ganzen Zeit ist er bis heute zugleich wissenschaftlicher Leiter des Dortmunder Forschungsverbundes geblieben.
Die bereits zuvor entstandenen Kooperationsbezüge zwischen dem Deutschen Jugendinstitut und der heutigen TU Dortmund haben sich seitdem durch die Doppelfunktion von Prof. Dr. Rauschenbach weiter intensiviert und mit der Gründung des Forschungsverbundes seit nunmehr 20 Jahren einen institutionalisierten Rahmen gefunden. Der Forschungsverbund ist in der heutigen Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bildungsforschung eine eigenständige Wissenschaftseinheit.
In der Kooperation zwischen DJI und TU Dortmund bringen beide Forschungseinrichtungen ihr wissenschaftliches Knowhow und ihre Ressourcen ein. Die wissenschaftliche Arbeit des Forschungsverbundes wurde von Anfang an aus Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert und so erst ermöglicht. Die TU Dortmund stellt zudem die Räume und deren Grundausstattung zur Verfügung. Bis heute ist der Forschungsverbund lediglich projektförmig organisiert und wird auf der Grundlage erfolgreich eingeworbener Drittmittel finanziert. Mit immerhin rund 28 Mio. Euro eingeworbenen Mitteln ist dies für ein sozialwissenschaftliches Forschungsinstitut ein eindeutiger Indikator für eine erfolgreiche Drittmittelakquise.
Ein Schwerpunkt des Forschungsverbundes war stets die Arbeitsmarkt- und Berufsfeldforschung für die personenbezogenen sozialen Dienste. Frühe Arbeiten hierzu gehen auf den Anfang der 1990er-Jahre und damit auf Ergebnisse von Projekten am Lehrstuhl für Sozialpädagogik der Universität Dortmund zurück. Die Studien sind heute so aktuell wie damals, problematisieren sie doch die Funktionalität des pädagogisch-sozialen Ausbildungssystems für den einschlägigen Arbeitsmarkt. So setzt sich etwa aktuell die Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) in der Kooperation zwischen DJI und Forschungsverbund – gefördert durch das Bundesbildungsministerium BMBF – mit der Weiterentwicklung der pädagogischen Arbeit in Kitas durch die Professionalisierung von Erzieher:innen und anderen Beschäftigtengruppen in Ausbildung und Beruf auseinander. Hierfür ist das seit 2014 regelmäßig erscheinende „Fachkräftebarometer Frühe Bildung“ eine wesentliche Grundlage.
Im Zuge der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Personalfragen wurden in den ersten Jahren des Forschungsverbundes die Forschungsvorhaben auch auf jene Mitarbeitendengruppen und Arbeitsformen ausgedehnt, die sich jenseits von Erwerbstätigkeit und Hausarbeit verorten lassen. Mit der Forschung zum bürgerschaftlichen Engagement, Fragen des (damaligen) Zivildienstes oder der Jugendfreiwilligendienste wurde ein gesellschaftliches Segment in den Blick genommen, das sich regelmäßig wiederkehrend neuer Aufmerksamkeit erfreut.
Nicht zuletzt auch aus der Tradition datenbasierter Arbeitsmarkt- und Berufsforschung heraus hat sich seit den 1990er-Jahren die Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik (AKJStat) als Ort für eine empirische Dauerbeobachtung zu Leistungen und Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe etabliert. Im Januar 2020 feierte die AKJStat ihr 25-jähriges Bestehen mit einer Fachtagung, in der auch das Engagement von Dr. Matthias Schilling als langjährigem Geschäftsführer der AKJStat gewürdigt wurde, der aus Altersgründen aus der Arbeitsstelle Ende 2019 ausgeschieden ist.
Zu einer zentralen Publikation der Dortmunder Arbeitsstelle hat sich der Informationsdienst „KomDat-Jugendhilfe“ entwickelt, der mittlerweile über 3.700 Abonnent:innen im deutschsprachigen Raum erreicht. Darin werden aktuelle Fragestellungen datenbasiert und in kompakter Form bearbeitet – zuletzt beispielsweise die Auswirkungen der Coronapandemie auf die Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe von der Kita bis zum Kinderschutz. Daneben wurden in der AKJStat im Laufe der letzten 20 Jahre weitere Instrumente des Monitorings und der Dauerbeobachtung auf Basis der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik entwickelt, wie das landesweite Berichtswesen zu den Hilfen zur Erziehung in NRW, wie der bundesweite „Monitor Hilfen zur Erziehung“ oder wie der „Kinder- und Jugendhilfereport“. All diese Produkte sind mittlerweile als zuverlässige Wegweiser aus den Fachdiskussionen nicht mehr wegzudenken.
Auch jenseits von Sekundäranalysen amtlicher Daten hat die AKJStat wissenschaftliche Arbeiten von hoher fachlicher und fachpolitischer Relevanz vorgelegt. Beispiele dafür sind die Forschungsberichte, die als wissenschaftliche Grundlagen für die Evaluationen des Bundeskinderschutzgesetzes sowie des Gesetzes zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher herangezogen wurden.
Nicht nur in der AKJStat, sondern auch in vielen anderen Projekten des Forschungsverbundes hat sich die Kindertagesbetreuung zu einem großen Forschungsfeld entwickelt, gehört doch der quantitative Ausbau der Angebote der Bildung, Betreuung und Erziehung für Kinder vor dem Schuleintritt mit zu den zentralen gesellschaftspolitischen Anliegen der letzten Jahrzehnte. Diskussionen um die Notwendigkeit einer entsprechenden Infrastruktur und der seit vielen Jahren gestiegenen Elternbedarfe bedürfen einer gesicherten Datenbasis. Der Forschungsverbund leistet hierzu seit vielen Jahren empirische Grundlagenarbeit – nicht nur in Form verstetigter Analysen amtlicher Daten, sondern auch durch den Einbezug weiterer Ergebnisse aus Surveys wie der DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS), der Corona-KiTa-Studie oder den ERiK-Surveys, an denen der Forschungsverbund mit einem eigenen Teilprojekt beteiligt ist. Seit 2019 stellt dieses die amtlichen verfügbaren Daten für das Monitoring des „Gute-Kita-Gesetzes“ des BMFSFJ zur Verfügung. Zudem war der Forschungsverbund von Anfang an, in enger Kooperation mit dem DJI, in die nationale Bildungsberichterstattung eingebunden. Darüber hinaus hat die AKJStat in den letzten Jahren die Ergebnisse ihrer umfangreichen Vorausberechnungen zum Platz- Personal- und Finanzbedarf für die Kindertages- und Grundschulkindbetreuung veröffentlicht.
Mit dem Arbeitsfeld Kinder- und Jugendarbeit ist ein weiterer langjähriger Themenschwerpunkt des Forschungsverbundes verbunden. Ausgehend von den frühen Arbeiten Prof. Dr. Rauschenbachs u.a. aus den 1980er- und 1990er-Jahren, vor allem zum sozialen Ehrenamt und zur verbandlichen Jugendarbeit, wurden in der Folgezeit eine Reihe von Forschungsvorhaben und mehrere Bücher mit unterschiedlichen Zielsetzungen und methodischen Zugängen realisiert. In diesem Rahmen hat der Forschungsverbund zudem auch federführend drei bundesweite Fachkongresse zur Kinder- und Jugendarbeit ausgerichtet, zuletzt 2021 in digitaler Form in Nürnberg mit knapp 1.400 Teilnehmenden, die aus rund 180 Veranstaltungen auswählen konnten.
Auch mit Fragen der Kooperation von Jugendhilfe und Schule setzt sich der Forschungsverbund seit knapp 20 Jahren wissenschaftlich auseinander. In diesem Kontext kann er auf eine langjährige anwendungsorientierte Forschung mit dem Schwerpunkt Ganztagsschule in Nordrhein-Westfalen, z.T. in enger Zusammenarbeit mit weiteren Kooperationspartnern, zurückblicken. Dabei führte der Forschungsverbund im Jahr 2013 eine eigene Fachveranstaltung durch, in der es bei 120 Teilnehmenden aus Fachpraxis, Politik und Wissenschaft um die Frage „Jugendhilfe und Schule – eine Win-Win-Situation?“ ging.
In den 20 Jahren seit seiner Gründung ist der Forschungsverbund deutlich gewachsen, sowohl thematisch als auch personell. Gestartet mit weniger als 10 Mitarbeitenden im September 2002, arbeiten im Forschungsverbund mittlerweile fast 30 Personen. Die dahinterliegende Bilanz mit insgesamt mehr als 60 Projekten in zwei Jahrzehnten intensiver Forschungstätigkeit und Politikberatung verdeutlicht mit Blick auf die bearbeiteten Themenschwerpunkte nicht nur ein breites inhaltliches Spektrum, sondern zeigt auch die Erkenntnispotenziale sowie Beratungserfolge in und für Fachpraxis, Politik und Wissenschaft. „Im Nachhinein ist es doch erstaunlich, mit viel Kompetenz und Engagement zahlreiche junge Wissenschaftler:innen trotz bisweilen unklarer oder gar prekärer Arbeitsbedingungen den Forschungsverbund nicht nur am Leben gehalten, sondern ihn auch immer wieder weiterentwickelt haben“, so Thomas Rauschenbach im Blick zurück.